Studentenleben. Für Saskia Kampf ist das mehr, als Lernen, Arbeiten und Feiern. Sie engagiert sich ehrenamtlich bei Unicef. Und das in zwei Hochschulgruppen.
„Fangen wir an?“ Die Frage ist wohl eher als Aufforderung zu verstehen. Saskia Kampf stützt beide Arme in die Seite und lächelt erwartungsvoll in die Runde. Die anderen Unicef-Ehrenamtlichen, an die die Frage gerichtet war, nicken und beginnen mit ihrer Arbeit. Sie stellen Biertische auf, dekorieren sie mit Flyern. Heute, am Internationalen Abend im Würzburger Botanischen Garten, wollen die Mitglieder über die internationalen Projekte von Unicef informieren.
Motiviert und zuverlässig
Saskia studiert im vierten Semester Wirtschaftswissenschaften an der Universität Würzburg. Seit drei Semestern ist sie bei Unicef aktiv. Seitdem ist sie zu „einem der engagiertesten Mitglieder“ geworden. Helena Klöhr ist seit März 2017 die Hochschulgruppenleiterin und beschreibt Saskia als motiviert und zuverlässig: „Sie ist bei allen Treffen mit dabei und arbeitet sich selbstständig in Aufgabenbereiche ein, wie zum Beispiel in die Homepage, die sie gestaltet.“

Bevor Saskia begann, Wirtschaftswissenschaften zu studieren, hatte sie nach dem Abitur Spanisch und Englisch auf Lehramt studiert. Eine Fehlentscheidung. “Wirtschaft ist selbsterklärend. Ich verstehe, wie alles funktioniert und zusammenhängt”, sagt die 23 Jahre alte Würzburgerin. Das habe ihr bei ihrem vorherigen Studium gefehlt.
Ähnlich sachlich erklärt Saskia, warum sie ihre Freizeit nutzt, um sich ehrenamtlich zu engagieren: “Mir geht es gut und anderen Menschen nicht. Da gebe ich gerne etwas an die zurück, die unverschuldet in Not geraten.” Außerdem würde ihr das Engagement bei Unicef so viel Freude bereiten, “dass es eigentlich gar keine Arbeit darstellt”.
Bei diesen Worten lächelt sie und kneift ihre Augen so weit zusammen, dass die Farbe beinahe nicht mehr zu erkennen ist. Das Türkis unterscheidet sich kaum von der Farbe des T-Shirts, das Saskia trägt. „Unicef“ steht in schlichten, weißen Kleinbuchstaben darauf. Daneben das Logo – abgewandelt von dem der Vereinten Nationen. An Stelle der Länder füllen die Konturen eines Erwachenden, der ein Kind hochhebt, die Weltkugel.
Unicef: Weltweites Kinderhilfswerk
Unicef ist die Abkürzung für “United Nation Children‘s Fund”. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen wurde 1946 gegründet, um europäischen Kindern nach dem Zweiten Weltkrieg zu helfen. Mittlerweile setzt sich Unicef in 190 Staaten für den Schutz von Kindern und ihren Rechten ein. Deutschlandweit gibt es an 64 Uni-Standorten Hochschulgruppen, in denen sich Studenten für Unicef engagieren. Die Gruppe in Würzburg zählt zwölf aktive Mitglieder. Und deren Terminkalender ist prall gefüllt.
“Das Kinderfest, Postkartenverkauf, die Komplimenteaktion in der Bibliothek, Weihnachtswichteln.” Wenn Saskia vergangene Projekte ihres Ehrenamtes aufzählt, kommt sie bei der Fülle an Aktionen ins Überlegen. Die Treffen der Ehrenamtlichen finden im Unicef-Laden in der Arztlade 5 statt. Nicht zu einem festen Zeitpunkt, sondern je nach anstehenden Terminen. Zu Semesterbeginn werde mehr gemacht, in der Prüfungsphase weniger. So kommt Saskia wöchentlich auf durchschnittlich eineinhalb Stunden Ehrenamt bei Unicef.
Zwischen Uni und Ehrenamt
Derselbe Tag, einige Stunden zuvor. Es ist heiß, der kleine Hörsaal im vierten Stock ist bis auf einige Plätze besetzt. Saskia sitzt in der Übung zu “Grundzüge der Wirtschaftspolitik”. Ihr dunkelblaues T-Shirt zieren weiße Dreiecke, die Linien bilden. Die Studentin stützt ihr Kinn auf ihre rechte Hand, der Blick ist aufrecht nach vorne gerichtet. Nach einem kurzen Gähnen blättert sie in ihren Unterlagen, holt einen blauen Stift aus ihrem Mäppchen und beginnt, das Vier-Quadranten-Schema abzuschreiben. Ihre halblangen, dunkelblonden Haare hält ein weißes Zopfgummi zusammen. Einzelne lockige Strähnen haben sich gelöst und umrahmen ihr Gesicht.
Ortswechsel: vom Hörsaal zum Internationalen Abend. Jetzt geht es nicht mehr um Produktionsfunktionen und Grenzerträge. Saskia hat ihr dunkelblaues gegen das Unicef-T-Shirt getauscht. Sie trägt ihre Haare in einem Dutt. Die Klänge japanischer Trommeln verkünden den Beginn des Abends. Neben dem Unicef-Stand informieren Studenten über die Länder Kolumbien, Russland und Malaysien. „Welches Land ist das?“, möchte ein junger Mann wissen, als er an Saskias Stand vorbeikommt. „Wir sind Unicef. Wir sind überall“, antwortet einer ihrer Mitstreiter.
Unicef, Studium, Nebenjob
Warum gerade Unicef? “Ich habe das Gefühl, etwas zu bewirken”, sagt die Wirtschaftsstudentin. Auch die Größe der Organisation habe zu ihrer Entscheidung beigetragen, sich gerade dort zu engagieren. An Saskia kommen vier asiatische Mädchen vorbei. “Hallo”, sagt sie und hält ihnen einen Flyer entgegen. „Darf ich euch zu unserer Kleidertauschparty nächste Woche einladen?“ Die Reaktion ist positiv, aber das ist nicht immer so. “Manche Leute denken, wir wollen ihnen etwas verkaufen, obwohl das nicht stimmt. Bei Unicef habe ich gelernt, noch mehr auf Menschen zuzugehen und über unfreundliche Reaktionen zu stehen.”
Um acht Uhr endet Saskias Schicht bei Unicef. Sie beißt dreimal von ihrem Käsebrot ab und geht weiter. Zu ihrer zweiten Hochschulgruppe. Seit diesem Semester ist sie auch bei “Aiesec”. Drei Stunden in der Woche vermittelt sie dort Studenten an internationale Freiwilligenprogramme. Außerdem hat Saskia zwei Nebenjobs. Manchmal lässt sie dafür natürlich Vorlesungen ausfallen. Insgesamt komme sie aber immer auf mindestens 25 Punkte pro Semester. Das sind nur fünf weniger, als für die Regelstudienzeit vorgesehen ist. “Studium und Ehrenamt – das geht”, sagt Saskia. “Man muss es nur wollen.”
Von Carlotta Sauer