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Bringt Licht ins Dickicht der Makroökonomie: Eric Mayer. Foto: Claudio Höll

Von der Assistenzstelle zum Professor

Im Jahr 2001 bewarb sich Eric Mayer für eine Assistenzstelle bei Peter Bofinger. Der Professor versuchte ihm Würzburg schmackhaft zu machen: „Schauen sie mal wie schön es hier ist. Ja gut ich weiß, Paris ist es nicht, aber immerhin“ Mayer meint dazu: „Naja, wie in Trier, Weinberge und Kirchtürme. So begeistert habe ich nicht gewirkt.“ Aber letzten Endes entschied er sich für die Assistenzstelle und bereute es nicht.

„Die heutigen Professoren Herr Timo Wollmershäuser und Herr Oliver Hülsewig, hatten von Herrn Bofinger den Auftrag bekommen mir doch mal die Stadt zu zeigen. Sie haben mich dann kurzerhand zum Sternbäck geführt, wo es Hefeweizen gab!“, lächelt Mayer. Das Sternbäck ist ein traditionsreiches Wirtshaus und ein beliebter Treffpunkt für alle Würzburger. „Die beiden haben es mir schon sehr leicht gemacht, da man hier doch schon sehr eng zusammenarbeitet. Dadurch habe ich mich hier sehr schnell heimisch gefühlt.“

Anbruch einer turbulenten Zeit

„Es war eine sehr dynamische und lebendige Zeit. Vieles war im Umbruch und wir haben viele neue Sachen ausprobiert“, reflektiert Mayer. In der Mitte der neunziger Jahre wendeten sich einige Zentralbanken von der damals konventionellen Geldmengensteuerung ab und versuchten neue Wege einzuschlagen. „Inflation Targeting“ war das neue Zauberwort der Stunde. Dabei versuchen die Zentralbanken vor allem mit dem Instrument des Leitzinses eine bestimmte Inflationsrate zu realisieren, um das übergeordnete Ziel der Preisniveaustabilität zu gewährleisten.
„Wir haben dann versucht das Ganze in Lehrmodelle zu packen, um zu erklären was einige Zentralbanken da eigentlich machten. Wir waren damit ein wenig unserer Zeit voraus“, erklärt Mayer bescheiden. Eines dieser Lehrmodelle ist das BMW-Modell – es sollte zumindest einigen Würzburger Studenten bekannt sein. Das Modell beschreibt die Wirkungsweise der heutzutage praktizierten Geldpolitik auf die Volkswirtschaft. „Die Idee, das Modell nach Herrn Bofinger, mir und Herrn Wollmershäuser zu benennen, kam dabei von Herrn Bofinger selbst“, ergänzt Mayer mit leicht verlegener Stimme. Im Jahre 2006 erfolgte die Promotion bei Professor Peter Bofinger und im Jahre 2011 die Habilitation an der Universität Würzburg.

In seiner Freizeit treibe er regelmäßig Sport, fahre Fahrrad und sei öfter im Fitnessstudio anzutreffen. Eine Zeit lang war Mayer auch beim Boxen des Hochschulsportes eingetragen. Dort habe er aber nie Studenten angetroffen, die mit ihm irgendeine offene Rechnung zu begleichen hätten, erzählt Mayer und lacht.

Die Kluft zwischen Theorie und Praxis

Sein eigentliches Steckenpferd ist aber die Volkswirtschaftslehre und das merkt man sofort, wenn man das Thema anspricht. „Wir als Volkswirte hinken immer so ein bisschen den realen Geschehnissen hinterher und versuchen im Nachhinein zu erklären, was eigentlich passiert ist, wie beispielsweise bei der Finanzkrise.“ In den meisten Bereichen der Ökonomie seien dabei noch sehr viele Dinge im Dunklen. Sei es bei der gängigen Wechselkurstheorie oder bei der exakten Erklärung des Zustandekommens der Leistungsbilanzsalden, so Eric Mayer. „Wenn man nämlich versucht mit makroökonomischen Fundamentaldaten das Leistungsbilanzsaldo zu erklären, gelingt dies höchstens zur Hälfte“. Allgemein moniert Herr Mayer, dass heutzutage zunehmend in der Erforschung der Makroökonomie fundamentale Zusammenhänge auf naive Weise durch den mathematischen Methodenapparat scheinbar verstanden werden. „Viele Theoretiker verfallen zu sehr ihren Modellen und merken gar nicht mehr, wie groß das Ausmaß der dahinterliegenden Unwissenheit ist“. „However, it takes a model to beat a model“, meint er und zuckt mit den Achseln.

Den Studenten versuche er deswegen immer sowohl die neuesten wirtschaftlichen Geschehnisse als auch das aktuelle Fundament der Forschung zu vermitteln, um die bestehenden Probleme zu verdeutlichen. Aber ohne die Studenten zu sehr mit komplizierten mathematischen Konstrukten zu verschrecken. Insbesondere im Bachelor könne man da noch nicht so in die Tiefe gehen, wie im Masterstudium, erklärt Mayer.

Was die Zukunft bringt?

Neben der Rolle des Forschers fungiert Herr Mayer auch schon mal als Discjockey.
Bei der Uniparty im Zauberberg „Profs legen auf“ durfte er schon zweimal sein Können hinter den Plattentellern unter Beweis stellen. „Das hat glaube ich vor mir, noch kein Zweiter geschafft!“ Dabei lautet sein Credo: „Immer an die Kundschaft denken!“ Depeche Mode oder die Beatles sind nur einige seiner gern gehörten Interpreten. Ansonsten tendiere er schon eher in die Richtung der aktuellen Popmusik.

In der nächsten Zeit stehen aber eher makroökonomische Fragestellungen im Vordergrund. Wie kommt explizit das deutsche Leistungsbilanzsaldo zustande? Warum nehmen deutsche Unternehmen per saldo keine Kredite mehr auf, sondern sind eher Kreditgeber? Was hat das wiederum für Auswirkungen auf das Leistungsbilanzsaldo? „Ich besinne mich wieder auf die Wurzeln meines Studiums zurück. Also auf den Schnittpunkt zwischen den Finanzmärkten und konkreten Unternehmensdaten“, erläutert Eric Mayer.
Des Weiteren steht das Sommersemester vor der Tür und die Vorlesungsmaterialien müssen aufgearbeitet werden. Im Büro stapeln sich einige Bachelor- und Masterthesen auf einer Kommode. Auf meine Frage hin, ob er jene auch noch zu korrigieren habe, beschwichtigt Mayer, dass diese schon korrigiert seien. „Ich sollte die Arbeiten vielleicht woanders platzieren, damit es nicht so dramatisch aussieht.“ Es bleibt also doch noch ein wenig Zeit für die Erforschung der „terra incognita“, dem unentdeckten Land in der Makroökonomie.

Von Adrian Meisner