Prof. Dr. Sascha Friesike ist Professor am Lehrstuhl für Unternehmensgründung und Unternehmensführung der Universität Würzburg und hat auch selbst schon zusammen mit seinen Studenten ein Startup auf die Beine gestellt. Er erklärt uns im Gespräch, welche Fehler man bei einer Gründung eines Startups machen kann, warum sich Startups positiv auf die Wirtschaft auswirken und wieso man besser nicht mit Freunden gründen sollte.
Herr Friesike, heutzutage wird ziemlich viel gegründet, worauf sollten Unternehmensgründer vor der Gründung unbedingt achten?
Friesike: Die meisten Unternehmen werden nicht von einer einzelnen Person, sondern in der Regel von einem Team gegründet. Während man das entwickelte Produkt im Laufe der Zeit verbessern oder verändern kann, lässt sich das Gründerteam oft nur sehr schwer überarbeiten. Wer als Gründer in das Unternehmen einsteigt, bleibt auch in irgendeiner Form Gründer. Ihm gehört vielleicht ein Teil des Unternehmens. Er hat also Mitspracherecht.
Viele Firmen zerbrechen nicht daran, dass sie kein gutes Produkt entwickelt haben, sondern oft daran, dass die Gründer zu irgendeinem Zeitpunkt unterschiedliche Visionen haben und sich nicht mehr so gut verstehen, wie man anfangs vielleicht dachte. Oft hat man mit Mitgründern eine intensivere Beziehung als beispielsweise in einer Partnerschaft zuhause. Man sieht sich jeden Tag an die zwölf bis vierzehn Stunden und wenn das mit Leuten passiert, mit denen man sich irgendwann nicht mehr so gut versteht, dann könnte das am Ende zu irreparablen Schäden für das Unternehmen führen.
Wenn man sich mit seinen Gründungspartnern gut verstehen sollte, dann müssten Freunde doch die perfekten Partner sein, oder?
Es gibt ein großes Problem, wenn man mit Freunden gründet. Man traut sich gar nicht anzumerken, was einem nicht passt, weil man kein professionelles, sondern ein freundschaftliches Verhältnis zueinander hat. Man will also nicht Gefahr laufen diese Freundschaft aufgrund von Streitigkeiten, die man im Unternehmen auf professioneller Seite hat, zu ruinieren. Deswegen werden viele Probleme unter den Teppich gekehrt, bis sie irgendwann so groß sind, dass die Firma darüber stolpert.
Mit Freunden gründen ist also keine so gute Idee. Was könnte die Firma denn noch zum Stolpern bringen, wenn es bei der Gründung nicht bedacht wird?
Oft werden Unternehmen gegründet, weil jemand eine Idee hat oder ein Marktpotenzial sieht, also eine Lösung für ein bestehendes Problem. Was dabei häufig viel zu spät in Angriff genommen wird, ist diese Lösung zu vertreiben. Irgendwann steht zwar das fertige Produkt und man könnte es auch einsetzen, aber die Leute mit dem Problem wissen das noch nicht. Unternehmen unterschätzen es, wie viel Aufwand es ist, die potenziellen Kunden zu erreichen und davon zu überzeugen, das Produkt zu kaufen. Der Vertrieb wird im Unternehmen oft etwas vernachlässigt. Ist man dann nicht schnell genug mit dem Vertrieb, dann hat das Unternehmen vielleicht irgendwann kein Geld mehr, um die Idee an den Mann zu bringen.
Oft kann man die Konsequenzen von Entscheidungen, die man als Gründer treffen muss, am Anfang noch gar nicht abschätzen. Ist eine Unternehmensgründung nicht ein hohes Risiko?
Auf jeden Fall. Am Anfang bleibt das große Geld wahrscheinlich erstmal aus, d.h. man verdient weniger als in einem festen Anstellungsverhältnis bei einem größeren Unternehmen. Auch diese „Nine-to-Five“-Mentalität, die vielleicht einige Unternehmen bieten, fällt weg, wenn man selbst gründet. Man nimmt die Probleme mit nach Hause, was zu einem anderen Stresslevel führt. Außerdem hat man auch eine wahnsinnige Unsicherheit. Man weiß nie genau, ob man das Unternehmen in einem halben Jahr noch finanzieren kann und woher das Geld kommen wird. Man läuft in gewisser Weise in einem Hamsterrad. Das kann Spaß machen, ist aber nicht jedermanns Sache. Gerade wer eher risikoscheu ist und eine gewisse Sicherheit braucht, der sollte nicht unbedingt Gründer werden.
Es muss also einigen Leuten Spaß machen im Hamsterrad, sonst würde nicht so viel gegründet werden. Welche positiven Auswirkungen können Unternehmensgründungen denn auf die Wirtschaft haben?
Ganz profan schaffen Unternehmen Arbeitsplätze. Es gibt aber eine zweite, vielleicht sogar interessantere Ebene. Ganz oft geben Unternehmensgründungen Menschen die Möglichkeit in einem Umfeld zu arbeiten, in dem sie genau das tun können, was sie gerne tun würden. Während man in großen Konzernen möglicherweise irgendeine kleine Funktion hat, wo Veränderungen nicht so leicht erkennbar sind, kann die Arbeit in kleineren Unternehmen dahingehend befriedigender sein. Das kann ein Stück weit zur Selbstverwirklichung beitragen. Gerade für die jüngere Generation, die Millennials, wird dieser Aspekt immer bedeutender. Bei der Wahl eines Jobs geht es nicht mehr zwangsläufig darum, dass man den Lebensunterhalt bestreiten kann, sondern auch darum, sich den ganzen Tag mit etwas zu beschäftigen, woran man Spaß hat. Wenn man selbst etwas gründet, hat man maximal viele Gestaltungsspielräume. Ich glaube deswegen ist es für viele Leute interessant.
Mehr Arbeitsplätze und motivierte Arbeitskräfte treiben die Wirtschaft voran, aber welche negativen Auswirkungen gibt es?
Es gibt ein paar negative Auswirkungen. Momentan ist es z.B. scheinbar relativ einfach an Kapital für Gründungen zu kommen. Damit wird dann auch eine Menge gegründet, aber oft wird gar nicht das Ziel verfolgt diese Gründung ewig am Leben zu halten, sondern irgendwann das nächste Projekt zu starten. Dadurch entstehen vor allem im Digitalen viele Projekte. Die können zwar irgendwas Tolles, aber nach ein paar Jahren wieder abgeschafft werden. Am Anfang gab es für diesen Dienst vielleicht eine Zielgruppe, aber die ist weitergezogen und nutzt jetzt etwas anderes. Durch solche Lösungen hat man dann weniger Kontinuität in den Märkten, gerade bei Onlineangeboten.
Wie sieht es in Würzburg in der Gründerszene aus?
In Würzburg gibt es jede Menge Aktivitäten rund um das Thema Gründen. Die Initiative Gründen@Würzburg ist ein Zusammenschluss von einer ganzen Reihe an Start-Ups, die in Würzburg aktiv sind. Ein Kollege und ich haben aus einem Seminar heraus das Unternehmen Integraide gegründet. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2018 20.000 Flüchtlinge in Arbeit zu vermitteln. Wir haben mittlerweile schon eine Finanzierung für die ersten drei Jahre für drei Mitarbeiter bekommen und eine, mit der wir das Ganze auf die Großregion Würzburg ausweiten können. Für unseren Testlauf haben wir in einer kleinen Region begonnen und sind ziemlich zuversichtlich, dass da etwas Spannendes rauskommt.
Das Gespräch führte Claudia Werner