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Wie verändert die Digitalisierung die Textilbranche? Michael Baur von s.Oliver gab Antworten. Bild: Uni Würzburg.

Was sich durch die Digitalisierung bei s.Oliver verändert

„Wenn du digitalisieren willst, kostet das einfach verdammt viel Geld.“ Das erklärte Andreas Baur, operativer Vorstand von s.Oliver, den Studenten der Universität Würzburg am 16. Mai 2018. Baur hielt dort einen Vortrag an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät im Rahmen der Reihe „Geschäftsführer und Vorstände berichten aus der Praxis“.

Das Würzburger Modeunternehmen s.Oliver wurde 1969 als Modeboutique gegründet. Seitdem hat es viele Veränderungen hinter sich. Von einem Großhändler entwickelte sich s.Oliver zu einem internationalen Konzern mit mehreren eigenen Modemarken, wie „Comma“ und „Liebeskind“. Heute macht das Familienunternehmen einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro, in einem von Konkurrenz geprägten Markt. – Und auch bei s.Oliver ist die Digitalisierung ein zentrales Thema.

Wissen was der Kunde nächsten Sommer trägt

Baur bemängelt, dass viele Modeunternehmen in Deutschland lange Zeit nicht kundenorientiert gedacht hätten – insbesondere bei der Auswahl der Kollektionen. Er sagt: „Um das Thema Digitalisierung erfolgreich umzusetzen, muss der Kunde im Mittelpunkt stehen.“ Seit Discounter wie Zara auf dem deutschen Markt vertreten sind, musste auch s.Oliver umdenken. Die Anbieter begannen durch genaue Analysen ihrer Zielgruppen, ihre Produkte regelmäßig umzustellen. Dadurch waren sie näher am Kunden. Schon vor der Saison stand fest, was Mann oder Frau in diesem Jahr trägt.

„Die Wettbewerbsintensität zieht durch Modediscounter und Online-Anbieter in den letzten Jahren deutlich an“, so Baur. Durch einen eigenen Online-Shop und digitale Marketing-Veranstaltungen versucht s.Oliver nun verstärkt Kundennähe zu schaffen. Dadurch steigen die Kosten. Und auch Baur resümiert: „Die Marge ist unter Druck.“ Das Gewinnpotential innerhalb der Branche sei gesunken. Hinzu kommt, dass die Deutschen seit einigen Jahren weniger Geld für Mode ausgeben.

Kleidung büßt als Statussymbol ein

Noch vor etwa 30 Jahren gaben die Menschen in der Bundesrepublik im Schnitt knapp zehn Prozent ihres Einkommens für Mode aus. Nun rund die Hälfte. „Die Bedeutung von Mode sinkt. Kleidung ist heute weniger Statussymbol als das neueste Smartphone zu besitzen“, sagt Baur über die gegenwärtige Entwicklung.

Grund für den Druck auf deutsche Textilunternehmen sei auch die fehlende Notwendigkeit sich zu wandeln. „Die Textilindustrie hat sich über Jahre nicht verbessert, weil es ihr gut ging“, sagt Baur. Er bemängelt die Effizienz vieler Wettbewerber: „Man wird nichts finden, was zu 100 Prozent läuft.“ Im Vergleich zur Automobilindustrie etwa hätte die Textilwirtschaft noch immer Probleme ihre Arbeitsabläufe zu präzisen. Beispielsweise sind die Lieferketten aus Sicht Baurs nicht passgenau organisiert. Ein Problem, das auch s.Oliver beschäftigt.

Die Zukunft von s.Oliver hängt laut Baur davon ab, wie gut das Unternehmen auf die Veränderungen im Modemarkt reagiert. Dabei spielen etwa auch die eigenen Mitarbeiter und deren Know-How eine entscheidende Rolle. „Ein absolut entscheidender Faktor heutzutage um auf Herausforderungen der nächsten Jahre zu reagieren“, sagt Baur.

Von Moritz Kemnah